„Für kurze Zeit nur hier“ von María Ospina Pizano

Das Cover von "Für kurze Zeit nur hier" von María Ospina Pizano. Man sieht einen Schwarm blauer Vögel auf weißem Grund.


Aus dem Spanischen von Peter Kultzen, Unionsverlag, Hardcover: € 22

In „Für kurze Zeit nur hier“ beschreibt die kolumbianische Autorin María Ospina Pizano die Welt aus der Perspektive von Tieren, ohne zu vergessen, dass sie sich dieser Perspektive als Mensch nähert.

So folgen wir fünf Tierschicksalen, von zwei Hündinnen bis zu einem Käfer, in verschiedenen Episoden. Diese werden narrativ zusammengehalten durch Wege, die sich kreuzen, und stets durchwoben von Menschen, die sich ihnen zuwenden und sie verstehen möchten.

Um der Spannung gerecht zu werden, als Mensch aus der Perspektive der Tiere zu schreiben, entwickelt Pizano eine ganz eigene Sprache und Herangehensweise: einerseits beschreibt sie die Wege der Tiere wie ein Beobachter, mit sehr feinem und genauem Blick. Andererseits nähert sie sich der tierischen Perspektive als ein Gegenüber: vermutend, nachspürend, fragend. Pizanos klare und poetische Sprache entwickelt dabei einen regelrechten Sog: in der besonderen Nähe, die sie zu den Tieren erzeugt, wahrt sie stets die achtungsvolle Distanz, die es diesen erlaubt, sich auszudrücken. Dadurch wird das, was scheinbar alltäglich ist, zu etwas Außergewöhnlichem – weil jemand da ist, der es wahrnimmt, für den es zählt.

Herausragend in „Für kurze Zeit nur hier“ ist die Geschichte des Scharlachkardinals, eines Zugvogels, auf seiner gefahrvollen Reise in den Süden, bei der Pizanos literarisches Experiment, das zugleich ein Lehrstück über unser Verhältnis zur Welt ist, in beeindruckender Weise gelingt.

von Tina Kniep und Maximilian Gräber

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